Peru


Peru > Cusco – Machu Picchu – Titikaka See


Claudia: Fr, 26.9.03, die nächsten 400 Kilometer geht es auf Holperpiste durch die Anden. Die Straße ist schrecklich. Nicht nur, dass wir in den nächsten Tagen immer wieder auf über 4000 Meter rauf keuchen müssen, um wieder auf 2000 Meter herunterzuholpern, um dann wieder auf über 4000 Meter….

Nein, es gibt auch noch den Hakelmann. Wer glaubt, es gibt ihn nur in norddeutschen Flüssen, wo er kleine Kinder, die sich vorwitzig zu nah ans Wasser trauen, hinabreißt, der irrt…Er sitzt auch in trockenen Gräben an steinigen Straßen, um Radfahrern Steine in die Speichen zu schmeißen und hineinzuziehen. Widrig.

Zwischenspurt im Kombi

Uwe: Nach der buckeligsten Abfahrt der Reise, erholen wir uns direkt an der Brücke von dem schrecklichen Gerüttel. Um uns herum Hühner, Schweine und ein Hund, der im Schatten unserer Räder döst. Ein Ferkel schreckt durch das Krähen eines Hahns direkt neben ihm aus dem Schlaf. Ein junger Mann kommt vorbei, spuckt auf den Kopf des Ferkels und setzt sich zu anderen Männern auf einer Bank.

Die Szenerie wird vervollständigt durch einen Kleinbus, der demnächst nach Uripa rauf fährt. Da kommen wir gewaltig ins Grübeln. 40 Kilometer, 1200 Höhenmeter. Wir haben genügend Zeit, die Räder sicher zu verladen. Der „Schweine-Spucker“ stellt sich als Fahrer heraus. Der Kleinbus wird schnell voll, hält ständig. Bald schon befinden sich außer unseren Rädern und Packtaschen noch andere Säcke, Eimer und ein weiteres Rad auf dem Dach. Der Innenraum ist völlig überfüllt. Kinder werden wegen zusteigender Erwachsener von ihren Sitzplätzen vertrieben und müssen sich irgendwo hinquetschen. Der sympathische Manager regelt diese Unannehmlichkeiten und lässt mit der Zeit sogar Leute an der Straße stehen, weil einfach kein Platz mehr ist.


Schotten dicht
Es ist Sonntag, für Jugendliche findet in Uripa eine Disco statt. Nachts um 1.30 Uhr versucht eine junge Frau unser Hotel zu verlassen. Immer noch dröhnt die Musik. Signora! Signora! ruft sie dutzendmal und landet schließlich klopfend vor unserer Tür. Das ist so typisch für Peru. Dass nachts jemand klopfend oder rufend vor der Tür steht, weil er oder sie rein oder raus will. Alles ist verriegelt und verrammelt.

Ein Jahr unterwegs

Mi, 1.10.03. Wir radeln durch einige Dörfer, in denen alle gleichzeitig auf den Felder unterwegs zu sein scheinen. Männer am Pflug mit Stieren, Frauen beim Säen und Kinder im Gras, die Hausaufgaben machen. Wir zelten in der Nähe des kleines Dorfes Chambechocha. Schnell sind einige Kinder zusammen gelaufen. Die Stimmung ist entspannt und gemütlich. Auf dem Hügel haben wir Ausblick auf die Umgebung. Im Zelt fällt mir ein, dass wir jetzt genau ein Jahr unterwegs sind. Unglaublich! Ich fühle mich so glücklich hier mit Claudia und bin so froh, dass wir diese tolle Reise machen.

Rebecca und Jose-Luis leisten uns Gesellschaft..

Wir bleiben dreckig

Claudia: Abancay ist ein größerer Ort und das Ende der Staubpiste. Nach einer Woche Piste und Zelten unter vielen Kinderaugen sind wir dreckig. Wir freuen uns auf eine Dusche und saubere Wäsche. Agua caliente – heißes Wasser – verspricht unser Hostel. Und tatsächlich. Es sieht aus wie eine Dusche, es sieht aus wie ein Wasserhahn. Aber es kommt kein Tropfen. Wassermangel. Wie in vielen Städten Perus gibts nur zu bestimmten Zeiten des Tages Wasser.

Aus dieser Bäckerei kommen die leckeren Chaplas.

Doch in Abancay weiß keiner so genau wann. Wir werden vertröstet und warten und warten. Schließlich erhalten wir einen kleinen Eimer mit kaltem Wasser. Na denn, gut einteilen. Dafür gibt es in Abancay wohl die beste Bäckerei Perus. Mit zwei Dutzend frischen Brötchen rüsten wir uns für den nächsten Pass.

Schneller als der … Hund

Bis Cusco ist die Straße fortan asphaltiert. Endlich wird das Bergauffahren mit einer schnellen Abfahrt belohnt. Ich kriege fast einen Geschwindigkeitsrausch. Die Hunde haben auch ihren Spaß und verfolgen uns. Ständig haben wir welche am Reifen, aber wir sind schneller. Ich sehe einen Hund, der Uwe ausgiebig verfolgt. Als ich um die Kurve rausche, hockt er nur noch schnaufend da, interessiert sich nicht für mich, ist völlig erledigt.

Bei den Inkas Zuhause

In Tarahuasi sehen wir zum ersten Mal Inka-Mauern mit großen, verschiedenen, exakt aufeinander passenden Steinen. Es ist beeindruckend. Kein Stein ist wie der andere und dennoch sind sie so genau bearbeitet, dass sie direkt und ohne Lücken zusammen passen, ohne Mörtel oder sonst was dazwischen.

Eloy ist der freundliche Wächter in Tarahuasi.

Bis heute weiß keiner so genau, wie die Inkas das geschafft haben. Nur eins ist sicher: mit viel Arbeitskraft. Das ist ein schöner Platz hier, auch für unser Zelt!? Wir fragen Eloy, der uns die großen farbigen Tickets verkauft hat. Na klar, es ist überhaupt kein Problem. Er lädt uns noch auf einen Tee ins Haus ein. Er kommt aus Cusco, aber es gefällt ihm hier mit seinen Hühnern und Hunden besser als in der autoreichen Stadt.

Alles wird in bunten Decken auf dem Rücken transportiert. Oft ist ein Baby drin, so wie hier.

Mo, 6.10.03, Heute erreichen wir Cusco. Wir laufen durch eine Straße und denken, ganz schön touristisch hier, eine Straße weiter, oh, noch touristischer und die nächste…. Es erstaunt nicht. Cusco war im Inka-Reich der „Nabel der Welt“. Heute ist es der Nabel der Peru-Reisenden.

Und wer waren nun die Inkas? Einer Legende nach wurden die Inkas vom Sonnengott Inti auf die Erde geschickt, um die Menschen zu „zivilisieren“. So landeten Manco Capac und Mama Oclo mit einem goldenen Stab auf der Isla del Sol im Titikakasee. Sie latschten nach Cusco, dort versank der Stab. Grund, hier das Zentrum des Inka-Reiches zu gründen. Mit der Geschichte eines göttlichen Ursprungs rechtfertigten die Inkas ihren Herrschaftsanspruch.

Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert bauten die Inkas eine Hochkultur auf. Besonderes Kennzeichen: Trapez. Sie errichteten mit großen Steinen trapezförmige Städte, Häuser, Eingänge, Nischen. Ein prominenter Inka-Herrscher war Pachacuteq. Er hat das Imperium der Inkas weit ausgedehnt.

Manco Capac mit goldenem Stab.

Letztlich reichte es von Quito in Ecuador bis in den Süden von Chile. Grund für viele Inka-Trümmer in der ganzen Gegend. Dann kamen im 16. Jahrhundert die fiesen bärtigen Spanier, Pizarro & Co, und wollten das ganze Inka-Gold. Sie überrumpelten die Inkas und begründeten die spanische Herrschaft. Die Kolonialherrschaft der Spanier daürte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Doch die großen Steine, die die Inkas verwendeten, ließen sich weder von den Eroberern wegtragen, noch durch Erdbeben erschüttern.

Uwe: Uns erwarten in Cusco zunächst nur frustrierende Nachrichten. Wandern zu den Ruinen ist teuer. Nicht nur, dass man auf dem Inka-Trail zu den Ruinen nicht mehr auf eigene Faust wandern kann, nein, es kostet auch noch 200 bis 250 Dollars für Führer und Träger. Dafür bauen einem die Träger ein kleines Hotel unterwegs auf, schleppen Stühle und Tische für die Touris.

Claudia in der berühmten Gasse Hatun Rumiyoc in Cusco.

Aber das wollen wir doch gar nicht. An Ausgangspunkten für alternative Trails, zum Beispiel nach Choquequirau, sind wir schon per Fahrrad vorbeigebraust. Zurück? Wir sind erst mal verwirrt und genervt.

So hängen wir ein paar Tage in Cusco rum und bewundern die tollen Inka-Gemäuer und das nette Stadtbild zwischen den Bergen mit den ziegelgedeckten Dächern. Vor allem um den großzügigen Plaza de Armas wimmelt es von Touristen, auch peruanischen. Dazwischen bieten sich in bunte Trachten gekleidete Frauen und Kinder mit Lämmern und Lamas zum Fotografieren an.

In Cusco sind so viele Gringos und Gringas, dass wir drei Tage lang an Pollo-Frauke und dem beintauben Joe vorbeilaufen. Erst das Internet klärt auf: Wir sind alle in der gleichen Stadt. Die beiden aus Karlsruhe sind jetzt endlich auch für 18 Monate aufgebrochen, haben aber leider die Räder vergessen und müssen laufen.

Auf einem Hügel über der Stadt ist die wohl schönste Ruine der Umgebung: Sacsayhuaman

Ein steiler Fußweg führt hinauf zu der ehemaligen Festung. Die Reste der Mauern sind überwältigend. Riesige Felsblöcke sind in der Inka-typischen Manier zu einer gezackten, dreistufigen Wehranlage aufgetürmt. Der größte Block soll 8,5 Meter hoch und 361 Tonnen schwer sein. Aber nicht nur die Größe der Steine, sondern auch die Ausmaße der Mauern beeindrucken. Märchenhaft.

Das heilige Tal der Inkas

Claudia: Das heilige Tal der Inkas zeichnet sich nicht nur durch viele alte Trümmer aus, sondern auch durch verschnarchte Bewohner. Einen Hotelwirt, der im Hof auf der Rasenfläche schläft, müssen wir fast schon überzeugen, uns doch eines seiner Zimmer zu vermieten. Als wir eine zweite Nacht bleiben wollen, wird es ihm wohl doch zuviel. „Es kommt eine Gruppe“ behauptet er. Okay, wir fahren ja schon weiter.

Ein anderer Wirt des heiligen Tals hingegen wundert sich, dass wir nur ein Bett wollen. „Sicher nur ein Bett“, fragt er immer wieder. Claro! Schließlich wird er deutlich: „Y ellos?“ – und die da? – fragt er und zeigt auf ein paar peruanische Kinder, die uns gefolgt sind. Was glaubt er denn bloß? Dass die Kinder auf unseren Packtaschen mitreisen.

Uwe: Vielleicht ist es ein fieses Nachsaison-Syndrom. Jahr für Jahr strömen Tausende von Touristen durchs heilige Tal, besonders im Juli und August. Denn hier gehts auch nach Machu Picchu. Aber auch untereinander sind die Peruaner oft ganz schön grummelig. Da wird nicht viel geredet. Beim Bäcker kommt ein Mann rein und fragt, wie viele Brötchen er für einen Sol bekommt. Der Verkäufer packt schweigend drei Brötchen in eine Tüte und hält sie dem potentiellen Kunden hin. Der winkt nur ab und geht.

Mit dem Rad kommen wir nur bis Ollantaytambo. Hier wird das Tal steil und eng. Nach Machu Picchu geht es wirklich nur noch mit dem Zug weiter. Schade.

So, 19.10.03, Machu Picchu Pueblo, die Endstation, liegt völlig eingeengt in einer tiefen Schlucht. Der Urubamba-Fluss rauscht, die Luft ist feucht. Von hier gehts rauf zu den Ruinen. Was für eine Landschaft! Der Fluss schlängelt sich durch eine tiefe Schlucht um die Berge herum. Der Horizont wird durch hoch und spitz aufragenden Berge bestimmt. Die Vegetation ist dicht und tropisch. Eine feine Abwechslung zu den dürren Landschaften der letzten beiden Monate.

Machu Picchu – Ruinen in märchenhafter Landschaft

Wir nähern uns den Ruinen. Bald schon erreichen wir eine der Stellen, von wo man den besten Blick hat. Wahrscheinlich weil ich das Bild schon 100.000mal auf Fotos und Plakaten gesehen habe, bin ich nicht sofort überwältigt. Aber je länger wir da oben in der Sonne sitzen und je mehr ich die Szenerie auf mich wirken lasse, desto mehr beeindruckt sie mich. Die Landschaft mit den steil aufragenden Gipfeln, die tiefe Schlucht, die behütend wirkende Felsspitze Wayna Picchu direkt neben der perfekt eingebetteten Stadt. Es sieht so aus, als hätte man an den Felsen ein bisschen herummodelliert, damits richtig gemütlich ist an diesem Fleckchen Erde. überall führen Treppen und Gassen zu verwinkelten Plätzchen. In der Mitte liegt ein größerer Platz, von Terrassen und höher liegenden Gebäuden umrahmt.

Ich versuche mir vorzustellen, wie man hier früher gelebt hat, wie es war, als auf den Terrassen gearbeitet wurde oder die Menschen sich an den Tempelanlagen versammelten. Stundenlang könnte ich hier sitzen.

Die letzten Meter nach Bolivien sind gezählt.

Zwei Tage später sind wir wieder in Cusco. Von dort fahren wir mit dem Bus nach Puno, an den Titikakasee. Nach weiteren zwei Radeltagen sind wir an der Grenze. Noch 100 Meter, noch 50, noch 5, 4, 3,…die Meter sind gezählt und am Straßenrand markiert. Durch einen kleinen Rundbogen fahren wir ins neue Land.