Mosambik


Mosambik


Claudia: Mosambik empfängt uns lebhaft. Hinter der Grenze erwartet uns eine kleine Stadt, Nomaacha. So freuen wir uns über das Leben in den Straßen. Und es wird portugiesisch gesprochen, was uns ein brasilianisches Gefühl vermittelt.

Metabicho! Was wie eine mathematische Einheit klingt, heißt Frühstück und ist für uns eine tolle Überraschung. Es gibt köstliches Brot. Kein Wunder, dass vor der Bäckerei eine lange Menschenschlange steht und auf die nächste Ladung frischer Brote wartet.

In der Hauptstadt Maputo

Am nächsten Tag erreichen wir Maputo. Eine Stadt mit unerwartetem Kulturangebot. Zum Beispiel gibt es das französisch-mosambikanische Kulturzentrum mit kostenfreien Theateraufführungen und Ausstellungen. Dagegen sehen die deutschen Goethe-Institute als fast reine Sprachenschulen für die zahlkräftige Elite des jeweiligen Landes echt blass aus. Oder das National Art Museum, das zwar klein, aber sehr gut ist. Die ausgestellten Gemälde zeigen vor allem Menschen und Gesichter.

On Air

Am nächsten Tag geben wir bei der Zeitung „Noticias“ ein kleines Interview und lassen uns fotografieren. Eher zufällig radeln wir anschließend bei Radio Mosambique vorbei. Wir fragen, ob Interesse an einem Interview besteht. „Wir machen das live“ heißt es und fünf Minuten später sitzen wir auch schon „On Air“ im Studio und werden mal eben ins laufende Programm gemischt. Das nenne ich spontan.

Das Interview hat Folgen. Wenige Tage später meldet sich ein Mosambikaner bei uns. Er spricht deutsch, hat 15 Jahre in Deutschland gelebt und will uns auch interviewen, für sein Magazin „Mosambique Mirrow“. Und so sitzen wir schon wieder im Studio, unterhalten uns über Länder, die wir schon bereist haben, und über Mosambik. Später treffen wir uns erneut mit Marcos von Radio Mosambique und diesmal interviewen wir ihn. Er plaudert aus seinem Leben: „Vier Kinder von vier Frauen. Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte“. Hier gehts zu seinem Interview.

Gebissen

Auf der Hand des jungen Japaners aus unserem Schlafsaal kleben zwei Plaster. Ich frage ihn, was passiert sei, da lacht und kichert Noah, vom Hostel. Richtig witzig ist es aber nicht. Er ist überfallen worden. Einer hat ihm ein Messer an den Hals gehalten, ein anderer in seine Hand gebissen. Abgenommen haben sie ihm seine Kamera und Geld. Das ist auf einer der Hauptstraßen um 23 Uhr passiert. Da müssen doch Leute gewesen sein? Ja, aber keiner habe geholfen.

Maputo ist im Hinblick auf Sicherheit schwer einzuschätzen. Es hängen zwar viele vermeintliche Security-Guards vor den Häuseren auf Plastikstühlen rum, aber viele Straßen sind dunkel und so richtig tatkräftig sehen die armen Kerlchen auch nicht aus.

Nachtleben in Maputo

Claudia: Morgen habe ich Geburtstag. Maputos Nachtleben muss doch da was zum Reinfeiern bieten. Aber es ist Montag abend. Wir landen im Rotlicht-Viertel, ein paar Bars reihen sich aneinander, die einzigen, die heute nacht geöffnet haben. Eine der Bars sieht noch ganz annehmbar aus. Vier Leute hängen an der Theke rum, sonst ist nicht viel los. Meiner Geburtstagsrunde an die Theken-4 folgen reichlich Revangen. Das Bier fließt, während um uns herum der Anteil an sehr jungen Mosambikanerinnen zunimmt. Wir unterhalten uns mit Jeronimo. Er ist sehr kommunistisch geprägt. Als Elfjähriger ist er mit anderen Kindern zur Ausbildung von Mosambik mit dem Schiff nach Cuba geschickt worden und hat dort lange gelebt. Er lobt das gute soziale und Gesundheitssystem in Cuba. Dabei ist er immer sehr vorsichtig, uns „Klassenfeinden“ gegenüber den Kommunismus zu loben. Dieses ernste und politische Gespräch mit Jeronimo wirkt in dieser Rotlicht-Atmosphäre etwas surreal.

Die meisten der Mädels, die versuchen, die Männer an der Bar anzumachen, sind unglaublich jung. Sie betrinken sich oder nehmen gar harte Drogen, so wie eine junge Frau die sich kaum noch auf den Beinen halten kann, hin und her wankt und sich übergibt. Ich versuche noch, sie auf einen Stuhl abseits der Theke zu setzen, damit sie sich dort entspannen kann. Aber sie bleibt dort nicht lange sitzen. Bald schon schwankt sie wieder auf die Theke zu. Das ist schrecklich und bricht mir das Herz.

Der Minister singt

Giberto Gil, Quelle: Joi Ito, CC BY 2.0, Wikipedia.org

Uwe: Mit Marcos und seiner Frau gehen wir zum Gilberto Gil-Konzert. Dazu essen wir Piri-Piri-Huhn aus der Plastiktüte. Der bekannte brasilianische Musiker Gilberto Gil ist inzwischen Kultusminister von Brasilien. Trotzdem lässt er es sich nicht nehmen, sogar zwei Konzerte in Maputo zu geben. Musikalisch scheint er zwar nicht mehr auf der Höhe zu sein, aber die Stimmung ist sehr gut.

Das nette Konzert ist um Mitternacht vorbei. Es sind noch so viele Leute auf den Straßen, dass wir uns recht sicher fühlen. Aber dann wird es doch noch einsamer und dunkler, bis wir das Hostel erreichen. Stumm und schnell schleichen wir durch die Straßen. Als wir endlich ankommen, habe ich das Gefühl, das wir es jetzt geschafft haben. Besonders sicher habe ich mich die ganze Zeit nicht gefühlt. Diese Nacht noch, dann verlassen wir die Stadt.

Ungebetene Gäste

Entspannt sitzen wir in der Küche und essen noch was. Es ist inzwischen zwei Uhr nachts. Wie jede Nacht sitzt der junge Japaner mit seinem bepflasterten Handgelenk an seinem Laptop. Wir hören etwas quietschen, schauen uns an, schreiben das Geräusch aber dem Wind zu. Doch dann hämmert es plötzlich gewaltig und laut gegen die Tür zur Terasse. Drei Einbrecher versuchen mit brutaler Gewalt die Tür einzutreten. Durch die vergitterten Fenster zur Veranda sind sie gut zu erkennen. Es dauert ein oder zwei Sekunden, bis wir realisieren, was hier abgeht. „Raus hier“ rufe ich und wir springen auf und rennen zum Ausgang. Mein Gott, was haben die vor, wenn sie so gewalttätig vorgehen.

Die Nachtwache realisiert nicht so recht, was los ist. Unerträglich lange dauert es, bis ich das Torschloss zur Straße öffnen kann. Wir rennen raus, rufen und lärmen. Die Nachtwächter der Umgebung eilen herbei. Einer trillert auf seiner Pfeife. Sonst unternimmt jedoch keiner was. Die Einbrecher könnten doch bewaffnet sein, lautet die Anwort. Wir versuchen ihnen klar zu machen, dass da noch der arme Japaner drin ist. Ein Kanadier aus dem Hostel telefoniert seelenruhig per Handy mit seiner Freundin. Claudia brüllt ihn an, er solle die Polizei rufen.

Als endlich jemand die Polizei ruft, guckt der Kopf des Japaners aus der Haustür. Wir winken ihn raus. Ihm scheints gut zu gehen. Puh! Als der Besitzer des Hostels kommt, trauen wir uns gemeinsam rein. Seit dem Türeintreten sind wohl 20 Minuten vergangen. Im Haus ist es ruhig. In der Küche liegen Teile der Tür auf dem Boden, sonst ist alles beim Alten. Unser Krach hat die Einbrecher wohl doch verscheucht. Auch wenn sie in Ruhe alles hätten ausräumen können. Jetzt kommt doch noch die Polizei. Zwei kleine dünne Männer, auch nicht viel tatkräftiger aussehend als unsere Nachtwächter, aber mit großen alten Gewehren umgeschnallt. Sie laufen achselzuckend durchs Hostel und verabschieden sich bald wieder. Der Kanadier versucht am Telefon, seine Freundin zu beruhigen.

Wir verlassen die Stadt

Maputo ist seitens des Kulturangebots eins der Highlights unserer Reise. Selten genug ergab sich die Gelegenheit eines guten Museums oder eines Konzerts. Aber unser Aufenthalt in Maputo war zwiespältig. Ich fand die Atmosphäre hier immer unsicher. Also raus aus Maputo und erst mal rein in´s Verkehrsgetümmel. Schon nach zehn Kilometern lässt der Verkehr nach. Die Landschaft wirkt erstaunlich unberührt. Keine Felder, sondern Busch- und Baumsavanne begleitet zum großen Teil unseren Weg nach Norden.

Wir radeln nicht alleine.
Wir müssen nicht alleine radeln

Bereits in Marracuene kehren wir ein. Durch tiefen Sand schieben wir unsere Räder an vielen Hütten vorbei, landen in einer Unterkunft mit Plastikrose und Kondomen neben dem Bett. Die Unterkunft ist wohl vor allem für Kurzzeitgäste. Am Fluss sitzen wir in einem kleinen gut besuchten Restaurant. Die Camarao (Shrimps) sind köstlich. Gegenüber im Halbdunkel sitzen viele Frauen mit Schüsseln. Was machen die da? Die Lösung kommt mit einem kleinen Boot. Sie warten auf Fische und andere Waren um sie im Dorf zu verkaufen. Mit den Schüsseln auf den Köpfen ziehen sie über die Sandpiste davon. Ein Mann erzählt uns, er habe schon zehn Mal Malaria gehabt. In der Nacht trinken unsere Hausbesitzer mit ein paar Freunden fleißig und hören dazu schlechte Schlager, zumindest für unseren Geschmack. Egal, hier kommt zumindest niemand auf die Idee, einzubrechen. 

Die Landschaft ist immer noch flach, mit vielen Bäumen. Immer wieder sitzen Schulklassen oder andere Versammlungen unter den großen Bäumen. Verrostete Autowracks schmücken den Straßenrand. Ich beobachte, wie zwei Männer einen 50-kg-Sack auf den Kopf einer Frau heben. die Frau geht barfuß mit dem Sack auf dem Kopf davon Einer der Männer folgt ihr mit einem weiteren Sack, allerdings geschoben in einer Schubkarre.

Ein Farmacia-Schild lockt Claudia und sie versucht, Mittel für Malaria zu ergattern. Die englichsprechende Apothekerin ist sehr gesprächig und hilft uns auch bei der Zimmersuche in Manhica. Sie kommt aus Maputo, ist seit drei Wochen in Manhica und jammert darüber, dass hier nix los ist. Kein Wunder, dass wir sie später beim Essen wieder sehen. Es gibt wenige Alternativen.

Xai-Xai (Schai-Schai), klingt nett…

… ist aber eine hässliche, kaputte und unfreundliche Verwaltungsstadt mit vielen offiziellen Gebäuden rechts und links der Straße. Die meisten Menschen scheinen außerhalb in weitläufigen, begrünten Hüttensiedlungen zu wohnen. Immer wieder wundern wir uns über die aufwändigen Gartenanlagen und Hecken, auch um die einfachsten Hütten. Zu Strand gehts noch weitere 10 Kilometer. Doch auch dort herrscht eine unangenehme Stimmung. Die Leute sind aufdringlich oder gleichgültig, etliche Gebäude sind verfallen.

Heftige Regenschauer begrüßen uns am nächsten Morgen. Wir sind trotzdem froh, aufzubrechen und freuen uns, Xai-Xai wieder zu verlassen. Wir kaufen am Straßenrand Obst. Hinter uns entwickelt sich eine Schlägerei. Wir machen uns vom Acker. Aus der Ferne klingt es, als würden die Kontrahenten angefeuert werden von den Menschentrauben um sie herum. Bei einer Pause klinkt Musik von einem Hof herüber. Einige Kinder hängen in den Bäumen und zappeln mit uns zur Musik. Oft haben wir viele Begleitradler auf der schmalen Straße, deren Asphalt oft zum tiefen Sand am Rand abbricht.

Der Straßenverlauf ist total langweilig

Der Ort Chidenguele besteht aus wenig mehr als einer Straße mit vielen zerfallen Häusern. Wir fragen den Pförtner bei einem gepflegtem World-Vision-Gebäude nach einer Unterkunft. Er zeigt auf das zerfallene Nebengebäude. Das Zimmer hat eingeschlagene Fensterscheiben und kein Licht. In einer Art Waschraum wird uns ein Eimer mit Wasser bereit gestellt. Wir scheinen seit langem die ersten und einzigen Gäste zu sein. Zum Abendessen ziehen wir über den kleinen Markt schräg gegenüber und landen in einem Laden, dessen Besitzer schon wieder Deutsch spricht und sehr leckere Brötchen zu bieten hat. Dazu gibts seit langem wieder Thunfisch. Köstlich. Der Mann war drei Jahre als Gastarbeiter in Dresden. Deutschland gefiele ihm viel besser als Mosambik. „Deutschland ist eine große Stadt!“, meint er. Kaum hat er das erzählt, fällt der Strom für kurze Zeit aus.

Eine Kokusnuss zum Frühstück, dann gehts weiter. Immer geradeaus. Immer auf und ab. So lässt sich die Strecke beschreiben. Ohne die vielen Menschen am Straßenrand wäre es ganz schön eintönig. Hände hoch. Die Leute grüßen freundlich, indem sie beide Handflächen zeigen. So verwandeln sich oft ernst schauende Menschen, sobald wir vorbeifahren. Weiße Zähne und helle Handflächen strahlen uns an. Viele Schulkinder joggen neben uns her. Bei einer Pause beschenken wir uns gegenseitig mit Obst.

„Warum seid ihr nicht in der Kirche, es ist doch Sonntag?“ frage ich zum Spaß zwei junge Männer und lande einen Volltreffer. Schlechten Gewissens winden sie sich heraus „Wir müssen lernen, morgen ist eine Prüfung in Portugiesisch.“ „Aber ihr habt doch gar nichts zum Lernen dabei“ hake ich nach. Ja, sie müssten sich zwischendurch entspannen. Toni und Bamosa heißen die beiden, dabei sieht Toni nun wirklich nicht aus wie ein Skilehrer.

Kleine Tomatenmännchen oder Zwiebeltürme zu kaufen, daran haben wir uns ja schon gewöhnt, aber eine ganze Schüssel Orangen? Ich versuche verzweifelt, eine Frau zu überzeugen, mir bloß vier zu verkaufen. Zur Verwunderung auch aller umstehenden Verkäuferinnen. Es dauert eine ganze Weile, dann klappt das Geschäft.

Quissico oder auch Zavala ist klein, aber recht lebhaft. Es gibt eine schöne Aussicht auf Lagunen, Sanddünen und das Meer. Die Straße ist zunehmend von Palmen gesäumt. Immer wieder sehen wir Lagunen und Sanddünen in der Ferne. Das Land wird zunehmend tropisch. Aber das Wetter ist trotzdem kühl, immer wieder regnet es. Kurz vor Inharrime bleiben wir an der großen Laguen hängen. Hinter einer kleinen Bar stehen ein paar Hütten und eine ist zu mieten. Die Hütte und auch der Vermieter Alberto sind nett. Also bleiben wir und kochen. Die dicke Polizistin, die hier Verkehrskontrollen durchführt, stellt sich als unsere Mama vor.

Früh sind wir auf der Piste, frühstücken unterwegs eine Kokusnuss. Der Rückenwind treibt uns voran. Mit irrer Geschwindigkeit sausen wir nach Inhambane. Um weiter nach Tofo zu kommen, müssen wir mit einem Boot über die Bucht setzen. Wir landen in einem kleinen Motorboot, die Fahrräder liegen auf dem Planendach, das Boot ist völlig überfüllt und liegt so tief im Wasser, dass es mich wundert, dass das Wasser nicht rechts und links reinschwappt. Neben den Motorbötchen gibt es auch kleine Segelboote (Dhows), die über die Bucht segeln. Sie ankern einfach auf dem Wasser in der Nähe des Ufers und die Passagiere werden auf den Schultern durchs Wasser ins Boot getragen. Am Ufer steht eine lange Schlange Menschen, die ins Boot getragen werden will.

Die Piste nach Tofo führt durch schöne Palmenlandschaft mit ein paar Lagunen und vielen Hüttenhöfen. Ein Mann lehnt sich cool an seinen LKW und sagt „Gib mir 10 Rand“. Die Kinder brüllen „Sweeties, Sweeties“. Aha, alles klar, wir nähern uns einer touristischen Region.

Der kleine Ort Tofo liegt direkt am Strand. Das Meer und der lange, große Strand sehen herrlich aus. Es gibt zwei nette Campingplätze. Das Baden im sauberen, türkisfarbenen Wasser ist herrlich, die Wellen wirbeln uns gewaltig rum. Hier sind wir zwar von vielen Touristen umgeben, aber trotzdem ist es eine unglaublich entspannte Atmosphäre. Wir bleiben länger als geplant.

Schnorcheln mit den Walhaien

Mit Manuel und Jocheved, ein junges deutsches Paar, die in einem Behindertenheim in Johannesburg arbeiten, gehen wir auf Whale Shark Schnorcheltour, begleitet von einem jungen Mosambikaner. Das Meer ist sehr rauh heute. Der Start vom Strand weg durch die hohen, brechenden Wellen ist schon recht abenteuerlich. Das schnelle Boot peitscht über die Wellenkämme, schanzt und kracht immer wieder tief runter. Auch weiter draußen, 500 Meter von der Küste entfernt, sind wir von hohen Wellen umgeben.

Akasmita, (CC BY-SA 4.0), Wikimedia

Bald schon sehen wir den ersten Walhai. Aufgeregt springen wir ins Wasser. Der riesige Fisch ist ganz nah, gleitet direkt an uns vorbei. ich versucht, ihm eine Weile hinterher zu schnorcheln, habe aber ständig Wasser im Schnorchel. Auch ins Boot einzusteigen ist verdammt schwierig und anstrengend. Bald schon sehen wir den nächsten und springen wieder ins Wasser. Rein, raus, ständig treffen wir erneut auf ein oder zwei Riesen. Ich gleite ins  Wasser und sehe, wie einer genau auf mich zuschwimmt. Da wird mir doch ein bisschen mulmig und ich verziehe mich zur Seite. Einer schwimmt an mir vorbei und scheint sich für das Boot zu interessieren, streckt den Kopf nach oben. Zieht dann aber doch gelangweilt davon. Ganz behäbig mit langsamen, eleganten Schwanzschlägen. Die Spitze der Flosse schaut oft noch ein bisschen aus dem Wasser. Ich sehe Manuel direkt neben einem Hai ins Wasser gleiten. Der Größenvergleich ist beeindruckend, der Fisch mag an die 8 Meter groß sein. Bei einem anderen Hai sehe ich einen Größenvergleich anderer Art. Kleine bunte Pilotenfische, vielleicht 5 cm groß, schwirren um das Maul herum. Was es da wohl Leckeres gibt? 

In unserem Boot geht es weniger lecker zu. Jocheved muss sich schon bald übergeben, hat wahrscheinlich zuviel Salzwasser geschluckt und das Boot schwankt ganz schön in den Wellen. Ich schließe mich später an – aus Solidarität, oder liegts doch an der rauhen See? Am nahen Steilufer spritzt die Gischt beeindruckend hoch. Während es mir bald wieder besser geht, ist Jocheved völlig am Ende. wir fahren zurück, haben sowieso schon viele Tiere gesehen. Noch in großer Entfernung zum Strand mahnt unser ansonsten etwas lethargische Skipper, uns gut festzuhalten. In James-Bond-Manier brettert er über die sich brechenden Wellen und schießt mit Karacho auf den Strand. Das Boot kippt zur Seite. Abrupt hat die Fahrt ein Ende.

Mal eben schnell ein Visum

Ein Visum zu verlängern dauert in Maxixe normalerweise so drei bis vier Tage. Aber wir bleiben hartnäckig und zeigen unseren Zeitungsartikel und kommen stündlich wieder in die Migracion. So haben wir „schon“ nach einem halben Tag Vorsprechen 30 Tage mehr im Pass. Maxixe mit seinen weitläufigen, rechtwinkligen und völlig heruntergekommenen Straßenzügen ist noch weniger einladend als Inhambane. Verrostete Autowracks zieren die Hauptstraße, ein ausgeschlachteter Motorblock liegt herum. Wir versuchen herauszufinden, ob es einen Bus nach Inchope gibt, um einen Satz in den Norden zu schaffen. Schlechte Straßen, es fährt kein großer Bus mehr, nur noch bis Vilanculhos, ist die Antwort.

Selbstbestimmung abgegeben

Wir steigen in einen Bus, der angeblich bis Inchope fährt. Der Busfahrer hat aber scheinbar einen anderen Plan und juckelt ausgesprochen gemütlich über die asphaltierte Straße. So landen wir überraschend und verärgert am späten Nachmittag in Vilanculos.

Auf dem Bazaruto Archipel

Wir versuchen, das Beste daraus zu machen, suchen uns eine Unterkunft und planen eine 2-tägige Schnorcheltour mit einem Segelboot.  Am übernächsten Tag geht es mit 5 weiteren Touristen und 4 Betreuern zu den vorgelagerten Inseln des Bazaruto-Archipels. Zwar ist es für uns Individualtouristen sehr ungewohnt, dass der Ablauf von anderen Menschen bestimmt wird, aber insgesamt ist es eine sehr schöne und entspannte Tour. Die Unterwasser-Landschaft ist teilweise atemberaubend schön, voller Korallen und bunter Fische. Und als Krönung taucht eine große Schildkröte nah an uns vorbei.

Ein neuer Reisetag

Wir freuen uns, die Touri-Welt von Vilankulos zu verlassen und wieder unterwegs zu sein. Dieses Unterwegs-Sein ist immer wieder ein tolles Gefühl. Wieder was Neues erleben. Nicht zu wissen, wo genau wir unterkommen werden. Das Tempo selbst bestimmen. Alles was wir brauchen, haben wir in unseren Taschen dabei. Wenn es sein muss, schlagen wir eben unser Zelt irgendwo auf. Auch nach dem Ankommen ist es ein tolles Gefühl, dass wir dann an einem anderen Ort sind. Immer wieder erleben wir radikale Unterschiede, zum Beispiel wenn wir in einer Stadt aufbrechen und abends in einem abgelegenen Dorf übernachten.

Interessante Gespräche

So ist es auch heute. Während wir morgens in dem auf westliche Touristen eingestellten Vilankulos aufbrechen, landen wir am Nachmittag in dem Dorf Pande. Zwar ist das Dorf ziemlich klein und ohne Strom, trotzdem ist die Unterkunft erstaunlich sauber. Das liegt daran, dass hier auch EntwicklungshelferInnen unterkommen. Beim Abendessen kommen wir mit einer Frau ins Gespräch, die von Schule zu Schule reist und sich um die Qualität der Bildung vor Ort kümmert. Und mit einem Mann, der 1989 zum Studium nach Leipzig gekommen ist. 11 Jahre hat er in Deutschland gelebt, dann hat ihn die Sehnsucht nach seiner Familie und dem afrikanischen Lebensstil wieder zurück nach Mosambik gezogen. Jetzt arbeitet er für die GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit). Auch er engagiert sich für die Schulbildung.

Bei Kerzenlicht und kühlem Bier (wie machen die das ohne Strom?) diskutieren wir über Bildung, Entwicklungshilfe und Politik. Seit wir in Afrika sind, beschäftigt uns das Thema Entwicklungshilfe immer wieder. Weil wir Hinweisschilder zu Projekten sehen, weil wir mit Menschen aus der Entwicklungshilfe ins Gespräch kommen und weil wir immer wieder Einheimische treffen, deren Anspruchshaltung uns entgegenspringt. Teilweise gepaart mit einem negativen Bild über ihr eigenes Land. Immer wieder fragen wir uns: Was ist eigentlich „gute“ Entwicklungshilfe? Gibt´s die Überhaupt? Sie untergräbt jedenfalls das Selbstbewusstsein der Bevölkerung. Und sie birgt die große Gefahr, dass neue Abhängigkeiten und Ungerechtigkeiten entstehen. Ist das eine Art Fortführung der Kolonialzeiten in einem anderen Gewand? Wie würde es dem afrikanischen Kontinent wohl heute gehen, wenn ihn die westliche Welt nicht ausgebeutet und unterdrückt hätte? Mit pauschalen Urteilen wird man der Situation sicherlich nicht gerecht. Und die Menschen, mit den wir uns hier unterhalten, wollen sicherlich nur das Beste für das Land.

Inchope ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in Mosambik. Das ist unser Ziel heute. Aber die Straße ist sehr schlecht und es sind noch 300 km. Zum Glück finden wir zunächst einen Bus, der unsere Fahrräder auf einem Anhänger die ersten 150 km mitnimmt. Und dann noch einen LKW, der uns und unsere Räder und zwei Einheimische auf seiner offenen Ladefläche die restliche Strecke bis Inchope mitnimmt. Dieser Streckenabschnitt wird von den üblichen Busunternehmen nicht mehr gefahren, weil die Straße zu schlecht ist und die Busse zu sehr leiden. Das scheint unseren Fahrer aber nicht zu interessieren. Wir kommen trotz riesiger Schlaglöcher erstaunlich schnell voran. Für 157 km braucht er weniger als zwei Stunden! Dafür werden wird brutal durchgerüttelt. Claudia überredet mich, den Fahrradhelm aufzusetzen.

An Elefanten vorbeischleichen

Am nächsten Tag radeln wir auf perfekt asphaltierter Straße weiter Richtung Caja. Zufällig treffen wir Leute, die beim Straßenbau beteiligt sind. Sie warnen uns vor den Elefanten, die ihnen die Bauarbeiten erschwert haben, weil sie die großen, lauten Baumaschinen angegriffen haben. Einer beruhigt uns: „Aber ihr seid ja leise.“ Letztlich sehen wir auf der ganzen Strecke keinen einzigen Elefanten. Dafür einige Paviane, die sich bei unserem Anblick schnell ins Gebüsch verkriechen. Zum Glück. Mit ihren großen Zähnen können sie ganz schön gefährlich werden.

Wir werden aber nicht angegriffen, sondern verfolgt. Oder eher begleitet. Von Kindern. Sie laufen hinter uns her. Einer nimmt es besonders ernst und bleibt uns fast zwei Kilometer auf den Fersen, als wir wegen einer Steigung langsam sind.

Zu Gast im Busch

Claudia: Die Gegend wird einsamer. Die Angaben zur nächsten Ortschaft schwanken zwischen 25 und 130 km. Es dämmert schon, als wir beschließen, bei ein paar Hütten in der Nähe der Straße zu fragen, ob wir dort unser Zelt aufbauen dürfen. Frauen kichern uns unsicher an. Der Einzige, der portugiesisch spricht ist offensichtlich in der Latrine. Ein paar Kinder bringen uns Holzklappstühle. Wir sollen uns erst mal setzen. Ein junger Mann kommt aus der Latrine und setzt sich zu uns. Die Atmosphäre ist etwas steif. Als wären wir ein offizieller Besuch. Und es wird immer dunkler. Zum Glück dürfen wir unser Zelt hier aufbauen. Später werden wir zum gemeinsamen Essen an die Feuerstelle gebeten. Die Kinder rufen begeistert „Xima“, als eine Frau eine große Schüssel davon abstellt. Scheinbar etwas Besonderes für sie. Man nimmt sich etwas und knetet es zu einem festen Klumpen. Dazu gibt es noch Kürbisblätter.

Als Gäste sitzen wir auf Stühlen und bekommen sogar noch einen Tisch. Während die anderen Männer auch auf Stühlen sitzen, hocken die Frauen und Kinder auf dem Boden. Die Hackordnung ist klar. Ganz unten scheint ein kleiner Hund zu stehen. Sobald er sich an die Feuerstelle traut, wird er von allen gleichermaßen geschlagen und vertrieben. Auch scheint es Stress in der Familien zu geben. Alle wirken angespannt und als wir im Zelt liegen hören wir noch lange hitzige Diskussionen.

Es noch dunkel, als es um uns herum unruhig wird. Einer der Männer bringt uns eine kleine Schüssel mit einem Becher zum Waschen. Sicilia kommt aus ihrer Hütte und strahlt uns an. Sie ist mit Abstand die Fröhlichste auf diesem Hof. Aber als wir noch ein paar Fotos machen wollen, werden unsere Fotomotive ganz ernst, sogar Sicilia. Komisch, das haben wir in Afrika schon mehrmals erlebt. Einer der kleinen Jungs guck mich bibbernd an. Es ist noch sehr kalt am frühen Morgen. Er ist barfuß und hat nur eine kurze Hose und ein zerlöchertes T-Shirt an. Die Frauen sind in Stoffe gewickelt. Die einzigen mit Jacken sind die Männer.

Der Weg zur Grenze nach Malawi führt über Erd- und Sandpiste, vorbei an einem riesigen Affenbrotbaum. Die Spuren zeigen, dass hier kein Autos sondern allenfalls Fahrräder unterwegs sind.