USA


USA – Seattle und Washington State


Mi, 30 Juli 2003. Wir landen am frühen Morgen in Seattle. Der Horizont ist leuchtend rot gefärbt. Das Festland begrüßt uns vulkanisch. Majestätisch ragen der entfernte Mt. Helens und der gigantische Mt. Rainiers aus der Hügellandschaft als dunkle Vulkankegel heraus. In Seattle sind wir von der Hilfsbereitschaft der Amerikaner geplättet. Immer wieder werden wir angesprochen, haben die Leute Tipps für unsere Fahrt nach Spokane, versorgen uns mit Stadtplan und Infos. Schnell ist klar: Die schönste Route führt über die Insellandschaft vor Seattle zum nördlichsten Highway, dem Highway 20, über die Cascade Mountains.

Die Inseln vor Seattle sind gut erschlossen, entsprechend reichlich mit Autos befahren. Da will kein rechtes Inselgefühl aufkommen. Und die Amerikaner. Wo sind sie? Auf einem der Parkplätze vorm Supermarkt haben wir die größte Chance, mal Menschen zu treffen. Der Amerikaner sitzt. Meistens im Auto. Schade. Dabei sind sie so nett. Als ich durch einen riesigen Nagel fahre, stoppen gleich mehrere mit ihren Autos und fragen, ob sie helfen können.

Heimische Landschaft

Claudia: Wieder auf dem Festland. Viel Nadelwald, viele Flüsse und Seen und Berge mit Schnee – die Landschaft erinnert sehr an die Alpen. Das viele klare Wasser ist toll, auch wenn etliche graue Staudämme die Flüsse ab- bzw. durchschneiden. Die Bäume sind oft mit Moos überwuchert.

Der schönste Punkt ist der Washington Pass Overlook auf 1670 Metern. Die Mühe zum Ausblickspunkt lohnt sich. Er liegt auf einem Felsen, der steil hinabfällt und ringsum stehen hohe Berge. Die Straße, auf der es für uns weitergeht, sehen wir supersteil ins Tal fallen.

Ständig überholen uns riesige RVs (Recreation Vehicles). Diese „Erholungsgefährte“ haben Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Bad. Hinter so einem Bus hängt dann meist noch ein PKW (im gleichen Design) für die Tagestouren zwischendurch, der mit über die Straße geschleift wird. Ein Fahrmonstrum für meist nur zwei Personen. Die wirken ganz klein und sitzen zwei Meter voneinander entfernt in der Fahrerkabine.

Die Dörfer, durch die wir radeln, haben echten Wild-West-Charme… und wirken genauso ausgestorben. „Where the hell ist Carlton“ fragt ein T-Shirt-Aufdruck in einem kleinen Lebensmittelladen. Die Carltoner sind sich ihrer Lage wohl bewusst. Im nächsten Ort Methow steht am Laden „Closed until spring“. Drei Amerikaflaggen wehen verloren im Wind.

Freunde in der Wüste

Astrids Geburtstag naht. Jetzt wird es langsam Zeit, nach Spokane zu kommen. Wir treten kräftig in die Pedale und halten dabei fleißig den Daumen heraus. „Braucht ihr Hilfe“ ruft plötzlich eine Frau, die aus einem Pick-up auf der anderen Straßenseite steigt. Sie, ihr mexikanischer Mann und eines ihrer sechs Kinder sind extra umgedreht. Da habe ich fast ein schlechtes Gewissen. Wir wollen ja nur trampen, um Zeit zu sparen.

Die Frage nach Hilfe ist nicht unbegründet. Schließlich sind wir inzwischen auf einer echten Wüstenstrecke. Rechts und links Prärie und ca. 60 Kilometer vom nächsten Ort entfernt. Die drei sind sehr nett und so laden wir alles auf den Pick-up und werden bis Coulee City gefahren.

Weizen bis zum Horizont

Ein riesengroßes Feld neben dem anderen. Um uns herum gibt es nichts mehr als Felder. Alle 20 Kilometer ist ein Ort angeschrieben. Ein paar Häuser mit großen Rasenflächen. Keine Menschen, nur Pickups und LKWs.

Nach einigem Geradel halten wir wieder den Daumen raus. Wir haben Glück. Joe hält an, räumt seinen verbeulten Pick-up für uns auf. Er fährt bis Spokane. So klappts, pünktlich um 24 Uhr an Astrids Geburtstag vor der Tür zu stehen. Astrid schafft es gerade noch, die thailändischen Kerzen auszupusten, die sich schon zu einer einzigen großen Flamme vereint haben, bevor wir größere Brandschäden verursachen. HAPPY BIRTHDAY!

Have you seen this chicken?

I don´t know. We should, but we didn´t. Wir verbringen einige Tage bei unseren Freunden Astrid und Scott, gehen baden, quatschen viel Sinniges und Unsinniges und essen, wonach unsere Mägen elf Monate Heimweh hatten. Mmmmh, wie lecker. Außerdem helfen uns die beiden kräftig bei allerlei Erledigungen. Wir sind ein bisschen wehmütig, als wir uns wieder verabschieden. Aber, der zweite Teil der Reise, Südamerika wartet. Wir starten in Lima, der Hauptstadt von Peru.