Von Chiang Mai nach Vientiane


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Claudia: Zwei Wochen lang radeln wir von Chiang Mai nach Nong Khai/Vientiane zur Thai-Laos-Freundschaftsbrücke, um dort nach Laos einzureisen. Unsere Route führt uns über Thoen, Si Satchanalei, Nakhon Thai, Loei nach Phu Phra Bat und Nong Khai. Unterwegs sehen wir zwei historische Stätten und viel ländliches Thailand. Die Landschaft ist hügelig und es gibt immer wieder großartige Ausblicke und feine Abfahrten.

Wir radeln durch viele Thai-Dörfer. Wenn die Thais nicht essen, dann schlafen sie, bevorzugt in der Hängematte oder mitten im „Gemischtwaren-Laden“ auf dem Boden. Das typische Thai-Haus ist aus Holzbrettern auf Holz- oder Betonstelzen. Im unteren „Stelzen-Stock“ hängt die Wäsche, die Hängematte und die Babyschaukel, die mit Schwung von der Hängematte aus betrieben wird. Vorm Haus stehen riesige Tronkrüge fürs Wasser. Die Leute lachen und winken und zeigen mit dem Daumen nach oben. Hier fühlen wir uns in Thailand richtig wohl.

Unsere erste Etappe führt nach Lamphun. Es gibt dort einen besonderen Chedi-Stil (Haripunchari, AD 750-1280), einer der acht heiligsten Stupas von Thailand und den größten bronzenen Gong der Welt (es lebe der Superlativ!) zu bestaunen.  

Am nächsten Tag geht es weiter ins Land hinein. Farang! Farang! Ausländer! Ausländer! (wörtlich übersetzt eigentlich: Franzose) rufen vor allem die Kinder. Ein Pick-up überholt uns vollbeladen mit Schulmädchen in lila Schuluniform. Ein Mädchen entdeckt uns zuerst und beginnt zu kreischen, kurz darauf fällt der Rest der Bande ein. Was für ein Lärm. Wir setzen unser Eisläuferin-Lächeln auf und grüßen und winken zurück.

Als es Zeit wird, nach einem Plätzchen zum Schlafen Ausschau zu halten, steuern wir die „Police-Box“ an. Der freundliche Polizist erklärt uns, dass es in erreichbarer Nähe zwar noch ein paar Dörfer, aber keine Hotels gibt. „Wir haben ein Zelt!“. Da weist der gute Mann auf den Hof hinter der Police-Box und auf einen Waschraum. Na super, das ging ja fix. Der Waschraum ist typisch Thai. Ein Steh- bzw. Hockklo, zwei Betonbecken randvoll mit Wasser. Das kleine Wasserbecken ist die Klospülung, das große die Dusche. Zum Wasserschöpfen gibt es kleine Schüsselchen. Das ähnelt dem indischen Eimer-Becher-Prinzip. Hier bei der Polizei in Mae Pok sieht das Wasser so gut aus, dass ich am liebsten hineinspringen würde. Zumal die Tour anstrengend war und das Wetter inzwischen ganz schön heiß ist. Ich verkneifs mir und freu mich, statt dessen schüsselweise kaltes Wasser über mich zu kippen.

Als Uwe unter der Dusche oder besser unter dem Schüsselchen steht, möchte ich mich fast schon ein bisschen im Zelt ablegen. Keine Chance. Ich höre Geschluffe. Inzwischen haben sich einige Kollegen an der Police-Box eingefunden. Sie kommen her, wohl um sich die Bewohner des Zeltes anzuschauen. Sie gucken ins Zelt und grinsen mich an, faseln von Thai-Whiskey. Uhhhh. Es gibt nichts Greulicheres.

Dorfleben

Uwe: Alles wirkt sehr familiär. die Polizei-Hütte steht am Rand eines Hofes, dessen Besitzer auch ständig herumschleicht. Man sitzt zusammen, trinkt und guckt sich im Fernsehen an, wie Thailands Nationalelf gegen Schweden 0:4 verliert.

Auf unserer Suche nach Essen nimmt sich eine lebendige Teenagerin unserer an. Sie spricht zwar nur wenig Englisch, dafür aber erstaunlich laut und quirrlig. Ehe wir uns versehen hocken wir auf ihrem Moped und sie bringt uns direkt in die Küche des hiesigen Restaurants. Wir sitzen am Fenster und bekommen dort ab und zu Besuch. Erst schaut der Vater unserer Helferin am Fenster vorbei und versucht ausgiebig gestikulierend sich verständlich zu machen. Dann kommt ein weiterer Mann vorbei und bringt uns mit Ausdauer und Geduld thailändische Wörter bei. Wir bemühen uns wirklich, die Wörter richtig auszusprechen und dabei die Karaoke des Nachbartisches zu übertönen. Aber das ist nicht so einfach. Wir brauchen immer drei bis vier Versuche, bis der Gute zufrieden ist. Spät am Abend kehren wir zur Police-Box zurück. Der Polizist ist noch passend zum Fußballspiel im Trainings-Look angezogen, nur dass er eine Pistole und Handschellen umgehängt hat. Der Nachbar gesellt sich im Schlafanzug hinzu. Beide stehen um ein kleines Lagerfeuer herum. Der Hund hat es sich inzwischen vor unserem Zelt gemütlich gemacht. Was für ein feiner Zeltplatz. Und so sicher bewacht.

Freundschaftsbücher
Samstag, 22.2.2003/2546. Unterwegs in Pak Kong wollen wir uns erfrischen. Da kommt uns ein Sportfest gerade recht. Am Rand des Fußballfeldes sind zahlreiche Buden aufgebaut. Zwei kleine Bands spielen und überall sind Gruppen in Trikots zu sehen, die sich zur Musik bewegen. So richtig glücklich werden wir hier jedoch nicht. Die Bands sind mal wieder grausig, zu essen gibt es nur Fleischspieße, das Getränke-Eis enthält kleine Sachen und zu alledem werden wir von sturzbesoffenen Leuten sehr aufdringlich zum Whiskey-Trinken aufgefordert. Dann eben nicht.

Mit leckeren Mini-Bananen ziehen wir uns zurück. Plötzlich gesellen sich ein paar Teenager zu uns und sprechen uns freundlich an. Als ich eine unserer in Chiang Mai gedruckten Visitenkarten rüberreiche, tauchen plötzlich zwei Freundschaftsbücher auf. Wir zücken unseres und schreiben gegenseitig in die Bücher.

So hab ich mir Asien immer vorgestellt. Reisfelder und Palmen vor steil aufragenden Felsen.

Si Satchanalei – Ruinen in herbstlicher Hitze

Claudia: Montag, 24.2.2003/2546. Heute ist Si Satchanalei-Besichtigungstag. Wir radeln und wandeln zwischen den alten Ruinen umher. Die Tempel und Chedis stammen aus dem 11. bis 15. Jahrhundert. Entsprechend verschiedene Stilrichtungen sind zu sehen. Es ist unglaublich heiß. Dabei sieht die Umgebung der Tempel zur Zeit ganz herbstlich aus.

RUMPS! Eine Kokusnuss fällt mit Mordskaracho zu Boden. Eine Statistik sagt, dass mehr Menschen von Kokusnüssen erschlagen als von Haien gefressen werden. Die mörderischen Kokusnüsse müssen zwar erstmal treffen, aber wenn….uuuhhh. Erfürchtig schauen wir nach oben und bringen uns in Sicherheit.

Michelin liegt falsch

Unsere Michelin Karte für Thailand versieht die Straßen mit grünen Linien wenn sie schön sein sollen. Für die heutige Strecke ist Michelin wohl die Farbe ausgegangen. Keine grüne Linie, obwohl die Straße durch wunderschönes Bergland führt.

Zu den Bergen aus Fels und Stein gesellen sich zunehmend auch bedrohlich Wolkenberge. Aber am Nachmittag wird alles gut. Klarer Himmel und kilometerlange Abfahrten. So macht das Radeln richtig Spaß.

Sing a song!

Jedes Land hat wohl seine eigentümlichen Geräusche. In Indien waren es die Hunde in der Nacht und das Gerotze am Morgen. In Thailand „heulen“ die zahlreichen Hähne den Mond an und jeden Abend werden wir mit Karaoke in den Schlaf gesungen. Heute abend singt wohl die Gemüseverkäuferin mit ihrem Kollegen – unheimlich rauhe Stimmen singen im Duett. Na dann: Gute Nacht.

Immerhin können wir zwei Thai-Songs, die einfach überall zu hören sind, schon perfekt mitsummen. Fehlt uns nur noch der Text und wir sind bei der Karaoke dabei. Okay, „wir“ wohl kaum, aber ich sehe Uwe schon eine dieser Thai-Schnulzen ins Mikro schmettern. Das wird ein Spaß. Mir war ja klar, dass Karaoke in Asien sehr beliebt ist. Aber dass wirklich überall diese Karaoke-Boxen stehen und immer mal wieder jemand – auch allein im Restaurant – schnell zum Mikro greift, das ist wirklich witzig.

Uwe: Einmal ist es fast soweit. „Wir haben auch was in Englisch“ gröhlen ein paar Jugendliche und werfen Geld in einen Automaten. „Daddy go home“ – kenne ich zwar nicht, aber die Kiste lärmt schon los. Aber was ist das: der Kerl auf dem Bildschirm singt ja doch in Thai. Nur der Refrain ist englisch. Die Musik ist gut fürs Headbanging. Mehr können wir leider nicht zum Besten geben. Dafür singen zwei junge Thais und haben ihren Spaß. Wir auch. Der Laden besteht aus ca. 20 Kabinen mit je einem Karaoke-Automaten und 2 Mikros. Erinnert ein bisschen an ein Solarium. Nur lauter.

Thailand im Bärchenwahn

Claudia: Wir radeln nach Dan Sai. Dan Sai ist berühmt für ein Feuerfestival bei dem selbstgebaute Bambusraketen in die Luft gejagt werden. Sie sollen den Himmel „befruchten“ damit er brav Regen liefert. Das Fest ist erst im Juni, so bleiben wir von den Krachern verschont. Wir schauen uns eine motelartige Unterkunft an. Der Wirt ist kauzig und hat kein großes Interesse an uns als Gästen. Er taut erst auf, als ich das Bett beziehen will. Nee, das will er doch selbst machen, deutet er an und schmeißt sich aufs Bett, um das Bärchenlaken in die Ecken zu stopfen.

A propos Bärchen! Das ist etwas, das mich in Thailand ganz kirre macht. Überall Bärchen! Auf den Vorhängen, auf den Bettlaken, auf den „Mopeddecken“, auf Serviettenpapierrollenhaltern. Überall und immer wieder: Bärchen. Ganz neckisch. Konsequent, in ganz Thailand. Wir haben jetzt die Lösung gefunden, uns gegen die Bärchen zu wehren: Aufessen!

Am Abend essen wir „zur Abwechslung“ pad pak ruam dsche (zusammen gebratenes Gemüse, vegetarisch). Das „dsche“ ist unser Zauberwort, damit nicht doch übers leckere Gemüse irgendwelche Fleischfetzen geworfen werden.

Das erinnert mich immer an die gute, alte Kantinenköchin bei der Stadt Münster. Gemüseauflauf – okay, aber so ganz ohne Fleisch? Da kamen dann auch immer noch ein paar Wurststückchen mit rein. Ansichtssache und bestimmt nicht bös gemeint. Mit „dsche“ klappts inzwischen sehr gut und wir bleiben verschont.

Unsere Köchin Daeng gesellt sich zu uns und bemüht sich um Konversation. Obwohl sie kaum englisch spricht und wir kaum Thai, klappts erstaunlich gut, denn sie ist unheimlich hartnäckig. Als sie durch unser Fotoalbum blättert, freut sie sich besonders über Uwes Mutter. „Die ist ja genauso wie ich“ deutet sie an und haut sich dabei auf die Hüften. Und über Claudia G. auf dem Sofa. Menschen die schlafen sind den Thais einfach symphatisch.

Felsformationen mit Liebesgeschichte

Uwe: Unser nächstes Ziel ist Phu Phra Bat, ein historischer Park. Wir spekulieren darauf, im Park zelten zu können. Das klappt auch und so können wir den Park außerhalb der Öffnungszeiten ganz allein bei Abendlicht und am nächsten Morgen bewundern. Die Erosion hat hier zahlreiche Monolithen übrig gelassen, die auf kleinem stützenden Untergrund ruhen und dadurch natürlich geschützte Räume entstehen lassen.

Einige Höhlenmalereien zeugen von sehr frühen Bewohnern, ca. 2000 bis 3000 vor Christus. Ein toller Park, voll von pilzförmigen Felsformationen, teils umwuchert von Pflanzen. Und überall wunderschöne Schmetterlinge, groß und bunt. Ein richtiger Märchenwald.

Claudia: Da passt es, dass die Thais hierzu eine Legende erzählen. So sei in dem Felsturm Usa, ein junges Mädchen, aufgewachsen. Als es ihr zu einsam wurde, schickte sie eine Kontaktanzeige per Floß den Fluss runter. Ein badender Jüngling hat die Nachricht gefunden, ist gleich los, Usa zu suchen und zu sich zu holen. Für eine Zeit fanden die beiden zueinander. Usa ist aber dann zu ihrem Turm und ihren Meditationshöhlen zurück, dort an gebrochenem Herzen gestorben. Ihr Liebster suchte sie, kam zu spät, starb dann auch aus lauter Kummer. Beide wurden wiedergeboren und hatten im nächsten Leben dann viel Zeit und Glück miteinander.

Auch in dieser Geschichte wird die buddhistische Gelassenheit deutlich: Keine Eile, keine Hektik. Klappt was in diesem Leben nicht, so gibt es doch noch viele andere.

Uwe: Nach der Erkundung des schönen Parks kann der nahegelegene Fußabdruck von Buddha uns nicht so recht überzeugen. In einem Raum einer eher neuzeitlichen Pagode befindet sich eine goldene Vertiefung, die stark an eine etwas unförmige Badewanne erinnert. Auch von der Größe her. Also war Buddha jetzt ein Mensch oder ein Riese?

Großer Fluss und große Grenze

Unsere weitere Tour führt uns zum Mekong Fluss und dann an ihm entlang. Im Vorbeifahren sehe ich ein Baguette im Laden. Mmmmh, ich freue mich schon auf Laos. Die französischen Kolonialisten haben dort das Backrezept zurückgelassen. Wir sitzen am Ufer und machen eine Pause. Fischerboote legen ab und fahren auf die andere Seite. Wir könnten ganz schnell in Laos sein. Aber nein. Alles muss seine Ordnung haben: Immigration Office, Ausreise-Stempel, Einreise-Stempel…. also geht es erstmal weiter nach Nong Khai. Unsere Unterkunft dort liegt direkt am Mekong. Vom schönen Garten können wir entspannt auf den Fluss blicken, nach Laos schauen und Reisepläne schmieden.

Lustwandeln zwischen buddhistischen Skulpturen

Vor der Abreise bewundern wir aber noch den Skulpturen Park von Nong Khai. Der Laote Boun Leua Sourirat, Buddhist und Künstler hat dort zahlreiche religiöse und mystische Figuren geschaffen. Viele davon sind riesengroß, so wie zum Beispiel die Buddha Figur mir der fünfköpfigen Schlange, die 25 Meter in den Himmel ragt.

In dem sogenannten Samsara Kreis wird der Lebenskreislauf des Buddhismus verdeutlicht. Durch eine kleine Höhle betritt man als Spermium den Kreis und kann dann Figuren sehen, die die verschiedenen Lebens- und Entwicklungsphasen zeigen. Zwischen den Skulpturen grünt es überall und schillernde Schmetterlinge flattern durch die Luft.

Über die Freundschaftsbrücke gelangen wir nach …