Vietnam: Medizinische Hilfe für Vietnam e.V.

Der Verein „Medizinische Hilfe für Vietnam e. V.“ unterstützt seit dem Kriegsende 1975 die medizinische Versorgung in der Provinz Khanh Hoa. In Nha Trang trafen wir Ursula Nguyen, die Präsidentin des Vereins. Lange Gespräche mit Ursula und der Besuch von Waisenhaus und Klinik haben uns schwer beeindruckt. Der kleine Verein hat Einiges auf die Beine gestellt.

Eine gute Adresse, um zu spenden:
Kontonummer 1010 00 3727, Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00.

Eine Zukunft für die Kinder

Pater Theophile, Leiter des Waisenhauses.

„Man nennt sie hier Schwägerin der Provinz“ schmunzelt Pater Theophile, Leiter des Waisenhauses, in dem 27 Kinder ein Zuhause finden. Und tatsächlich ist das Waisenhaus nur eines von vielen Stellen in der Provinz Khanh Hoa in Vietnam, in der die Deutsche Ursula Nguyen, Präsidentin des Vereins „Medizinische Hilfe für Vietnam“ aktiv ist. In dem offenen Raum im Erdgeschoss des Hauses sitzen die Kinder beisammen, der Bildschirm mit Karaoke läuft. Gesungen wird hier viel. Ein kleiner Junge spielt uns auf der Gitarre vor. Ein echtes Talent, erst seit drei Monaten übt er auf der Gitarre, gelernt hat er durch Zuschauen, beim Lehrer und bei den älteren Mitbewohnern.

Im Waisenhaus wird viel gesungen.

Die Altersspanne reicht von 3 bis 18. Keine leichte Aufgabe. Doch auch den Kindern ist bereits bewusst, dass sie mit dem Lernen und Leben im Waisenhaus auch eine besondere Chance haben. Sie erhalten eine gute Schul- und Berufsausbildung. Das Haus hilft ihnen, unabhängig und selbstständig zu werden.

„Als ich das Waisenhaus zum ersten Mal besuchte, war es nur eine einfache Hütte, die Kinder waren unterernährt. Die Ordensschwester bat mich, zu helfen. Da konnte ich nicht nein sagen.“ Inzwischen hat jedes Kind einen Paten in Deutschland. Mit 13 Euro pro Monat und Kind ist eine tägliche warme Mahlzeit finanziert. Das Haus wurde umgebaut und aufgestockt, mit sanitären Einrichtungen, Küche und Schlafsälen.

Helfen, wo die Not am größten ist
Warum setzt sich eine Deutsche seit fast 30 Jahren für Vietnam ein? Ursula ist Sozialpädagogin und Soziologin und hat während des Studiums ihren Mann Phiet, einen Vietnamesen, kennen gelernt. 1975 schrieb sie ihre Diplomarbeit zu den Folgen der chemischen Waffen, Auswirkungen auf Mensch und Natur. Der Krieg in Vietnam war gerade beendet. „Das Land befand sich in einer tiefen Lethargie. Es war schrecklich.“ erzählt sie. Sie forschte in Vietnam zu „Agent Orange“, dem Gift, das zur Entlaubung des Dschungels von den Amerikanern tonnenweise über das Land geschüttet wurde. Noch heute leiden die Menschen unter den Auswirkungen, missgebildete Kinder werden geboren, die Natur ist grossflächig zerstört und in den Lebensmitteln finden sich hohe Dioxinwerte.

Geraete helfen Leben zu retten.

„Von allen Seiten sprachen mich die Menschen an. Hilf uns, wir schaffen es nicht allein, es gibt zu viele Probleme“. Da haben ihr Mann, ein paar Berliner Freunde und sie beschlossen, aktiv zu werden, einen Verein zu gründen. Seitdem lebt Ursula zwischen den Welten. Ein halbes Jahr lang lebt sie in Berlin und organisiert Spenden in Deutschland. Ein halbes Jahr lang lebt sie in Nha Trang und sorgt vor Ort dafür, dass die Spenden an die richtigen Stellen kommen. Wie setzt sie ihre Prioritäten? „Ich richte mich nach der Not. Dort, wo die Not am größten ist, muss zuerst geholfen werden“. Kinder liegen ihr besonders am Herzen.

Vom Schutthaufen zum modernen Haus

Auf dem Moped fahren wir zur Klinik. Kaum im Hof angekommen, wird Ursula schon beiseite gezogen, ein Lagerraum will besichtigt werden. „Der ist zu klein, ich brauche mehr Platz“ erklärt sie Herrn Lahn, dem Hausmeister. Wir stehen im alten Krankenhaus. Ein Gebäude, das noch zur Kolonialzeit errichtet wurde. Bis vor zwei Jahren war dies das Krankenhaus fuer die 1,5 Millionen Menschen der Provinz Khanh Hoa.

Auf vielen .

Aber alles war völlig veraltet. Es gab viele hygienische Probleme, besonders mit den Abwasserleitungen. Ein Kurort für Ratten, aber nicht für Kranke. Seit zwei Jahren steht nun das neue Gebäude, ein grosses Haus mit sieben Stockwerken und Platz für 500 Patienten. Es ist ein staatliches Haus, aber es trägt Ursulas Handabdruck. Alle für den Bau Verantwortlichen haben in Deutschland Krankenhäuser besichtigt. Zwar gäbe es Kulturunterschiede, die berücksichtigt werden müssen, aber manche Dinge, wie Geländer zum Festhalten, Abflachen von Stufen und dergleichen, gelten weltweit und erleichtern den Kranken die Genesung.

Das Krankenhaus war nach dem Krieg ein Schutthaufen, heute ist es ein modernes Haus, das sogar Fortbildungen macht. Ursula organisiert den Austausch von Ärzten. So können sich Vietnamesen in Deutschland fortbilden, Deutsche können in Vietnam über Tropenkrankheiten lernen. Eine deutsche Krankengymnastin hat ihre Arbeit in Vietnam genutzt, um Tai Chi zu lernen. Das Schattenboxen setzt sie nun in Deutschland für die Therapie mit älteren Menschen ein. Zur Zeit arbeitet die Physiotherapeutin Tina für drei Monate ehrenamtlich in der Klinik. Sie hat sich dafür unbezahlten Urlaub genommen.

Ursula zeigt uns die Vorzuege der neuen Betten.

Vor der Klinik stehen Unmengen alter Betten, brüchig und rostig. „Ich habe jetzt 100 neue Betten, mit Hydraulik und Gitter und Galgen und allem, was ein modernes Krankenbett so braucht“ erklärt sie stolz. In einem deutschen Krankenhaus sollten die Betten im Rahmen von Umbaumaßnahmen entsorgt werden. Für solche Fälle steht Ursula mit ihrem Verein bereit. Mit ihrer langjährigen Erfahrung war es kein Problem, einen Container und das Verschiffen nach Vietnam zu organisieren. Bei der Verteilung der Betten geht sie wieder nach ihrem „größte-Not-zuerst“-Prinzip vor. Die Notfallstation und die Intensivstation erhält neue Betten. Hier ist ein gutes Bett für die Patienten besonders wichtig. Die Augenabteilung muss sich hingegen noch mit älteren Betten zufrieden stellen. Doch nach und nach arbeitet sie sich durch das ganze Haus.

Alte Geräte retten Leben

„Uschi“ hören wir immer wieder beim Gang durch die Stationen. Überall wird Ursula herzlich begrüsst. Auf Betten und Geräten klebt der Aufkleber mit dem Logo des Vereins. Ursula erzählt uns fast zu jedem Tisch, Stuhl und Bett, wann und von wem sie es bekommen hat. Da stehen Stühle vom DDR-Militär und bald darauf kommen wir in ein Labor mit Stühlen von der Bundeswehr. „Für einen Dollar habe ich sie neu beziehen lassen. Jetzt haben wir hier gute Stühle für die Mitarbeiter“ Eine ganze Augenstation hat sie von der Christoffel-Blindenmission übernommen.

Auch alte Geraete helfen Leben zu retten.

Doch wichtiger als Stühle und Tische sind ihr die medizinischen Geräte. Sie hat eines der ersten Ultraschallgeräte nach dem Krieg in Vietnam eingeführt. Zu dieser Zeit musste sie noch mit der Firma diskutieren. Siemens wollte erst eine Erlaubnis einholen, das Gerät könne ja militärisch missbraucht werden. „Da hab ich denen aber mal den Marsch geblasen“ sagt Ursula und wir zweifeln keine Sekunde daran. Die alten mechanischen Dialysegeraete, die in Deutschland niemand mehr wollte, funktionieren hier seit 25 Jahren. Sie retteten bereits 7.000 Menschen das Leben.

Vom Verein „Medizinische Hilfe für Vietnam e.V.“ werden inzwischen zwölf medizinische Einrichtungen und Schulen in der Provinz Khanh Hoa unterstützt. „Manchmal bin ich selbst erstaunt, was wir mit unserer kleinen Organisation erreicht haben“.

Auch der vietnamesische Staat weiß ihr Engagement zu schätzen. Sie erhielt einen Orden für den Frieden und die Verständigung zwischen den Völkern.

Ursula strahlt viel positiven Elan aus, scheint immer unter Strom. Gibt es denn keine Schwierigkeiten? Die größte Schwierigkeit sei, wenn eine große Operation gemacht werden muss, die nur in Hanoi oder Saigon möglich ist und viel Geld kostet. „Auf die Schnelle viel Geld zu organisieren wenn es um Leben und Tod geht, das ist eine große Anstrengung“. Wir denken an den kleinen Jungen, den wir auf der Kinderstation gesehen haben. Er hat einen Herzfehler und soll bald in Hanoi operiert werden. Das Geld ist schon fast zusammen. In Berlin sammelt der Verein auf Flohmärkten, Festen und mit Kuchenverkaufsaktionen.

Ursula Nguyen vor dem modernen Provinz-Krankenhaus in Nha Trang.

Wo nimmt sie so viele Jahre lang die Motivation her? „Manchmal bin ich schon müde, wenn es wieder nur einen Schritt vor und zehn zurück geht. Aber wenn ich durch die Klinik laufe, und sehe, dass ein Kind mit der Beatmungsmaschine gerettet wird und ein Mensch durch das Dialysegerät am Leben bleibt, dann ist das mein Lohn.“

Medizinische Hilfe für Vietnam e. V.
Kontonummer 1010 00 3727, Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00

Kontakt: medical-aid-vn@gransea.com
https://www.medaidvietnam.com

Nha Trang (Vietnam), 19. Mai 2003